FIDLEG – Finanzdienstleistungsgesetz

 

Risiken im Handel mit Finanzinstrumenten

Am 6. November 2019 hat der Bundesrat entschieden, das neue Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz («FIDLEG») sowie das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) mit den dazugehörigen Ausführungsverordnungen FIDLEV (Finanzdienstleistungsverordnung), FINIV (Finanzinstitutsverordnung) und der Aufsichtsorganisationenverordnung (AOV) auf den 1. Januar 2020 in Kraft zu setzen. Neu ist die Ausübung der Vermögensverwaltung einer Bewilligungspflicht der FINMA unterstellt, welche bisher bewilligungs-frei ausgeübt werden konnte. Dies setzt eine rigorose FIDLEG/FINIG-konforme Organisation und Infrastruktur der Finanzintermediäre voraus, welche diese Dienstleistungen anbieten möchten.
Das FIDLEG verpflichtet alle Finanzinstitute, erweiterte Verhaltensregeln einzuführen und ihren Kunden detaillierte Informationen über angebotene Dienstleistungen und Produkte zur Verfügung zu stellen. Die CORUM kommt den Anforderungen des Gesetzgebers vollumfänglich nach und stellt ihren Kunden die obligatorischen Informationen in ihren Unterlagen sinngemäss zur Verfügung.

Ziel, Zweck & Inhalt

Ziel des FIDLEG ist die Erhöhung der Transparenz sowie die Effizienz und Integrität der Finanzmärkte, um damit den Anleger-schutz und den Schweizer Finanzplatz zu stärken und vergleichbare Bedingungen für Finanzdienstleister zu schaffen. Kern des Kundenschutzes ist die «Kundeneinstufung / -klassifizierung», «die Produkt- und Kosteninformationspflicht» über die angebotenen Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente sowie die normierte «Angemessenheits- und Eignungsprüfung». Der Kunde soll die Risiken vor Beanspruchung einer Finanzdienstleistungen besser kennen und verstehen.

Die wichtigsten Punkte

Kundenklassifizierung

Obwohl die neuen Gesetze von umfassender Natur sind, enthält insb. das FIDLEG elementare Kernprinzipien für die Kunden bereit. Sämtliche Kunden sind anhand ihrer Kenntnisse und Erfahrungen mit Finanzinstrumenten bzw. ihrer finanziellen Lage in unterschiedliche Kundengruppen zu klassifizieren; «Privatkunden», «Professionelle Kunden» oder «Institutionelle Kunden». Den grösstmöglichen Anlegerschutz erhalten «Privatkunden». Sie sind umfassend über die Risiken, die Produkteigenschaften sowie die zu erwartenden bzw. kalkulierbaren Kosten zu unterrichten. Finanzintermediäre sind zudem mit einer weitreichenden Rechenschafts-, Informations- und Dokumentationspflicht konfrontiert. Der Anlegerschutz wird darüber hin-aus mit einer grösstmöglichen Transparenz und der sogenannten «Best Execution» gewährleistet.

«Professionelle/Institutionelle Kunden» hingegen geniessen einen geringeren Anlegerschutz. Bei diesen Kundengruppen geht das Gesetz davon aus, dass die handelnden Personen über ein ausreichendes Mass an Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um eigenständig Anlageentscheidungen treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können. Die Gruppe «Institutionelle Kunden» ist eine Teilkategorie der «Professionellen Kunden», in welcher beaufsichtigte Rechtspersonen, grössere Unternehmen sowie andere Institutionen wie Gemeinden, Regierungen oder Zentralbanken etc. fallen. Diesen Instituten kommt das geringste Schutzniveau zugute.

Auf eine Kundenklassifizierung kann der Finanzintermediär im Übrigen verzichten, falls er nur «Privatkunden» bedient.
Zudem können «Professionelle Kunden» auf die Anwendung der Verhaltenspflichten gänzlich verzichten.

Umklassifizierung (Opting-in/Opting-out)

Für die Kunden besteht die Möglichkeit, sich unter einer anderen Kundengruppe kategorisieren zu lassen. Dieser Vorgang wird «Optin-in» bzw. «Opting-out» genannt. Dadurch untersteht der Kunde einem höheren bzw. geringeren Kundenschutz, wodurch sich der Umfang der einzuholenden Informationen und Abklärungen erhöht bzw. verringert.

Informationspflichten (Art. 8 FIDLEG)

Die Informationspflicht enthält verschiedene Aspekte der Vertragsbeziehung insbesondere über den exakten Tätigkeitsbereich des Finanzintermediärs sowie über seinen Aufsichtsstatus, die Risiken der empfohlenen Finanzdienstleistung und deren einmaligen und laufenden Kosten. Ebenfalls darzulegen sind die im Zusammenhang mit der angebotenen Finanzdienstleistung bestehenden wirtschaftlichen Bindungen an Dritte. Im Rahmen der Abklärungspflichten obliegt es dem Finanzintermediär, sich vorgängig gewissenhaft Klarheit über die finanziellen Verhältnisse und Anlageziele sowie über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden zu verschaffen.

Angemessenheit- und Eignungsprüfung (Art. 10 ff. FIDLEG)

Basierend auf den eingeholten Informationen ist vor Erbringung einer (Beratungs-) Dienstleistung eine profunde Eignungs- und Angemessenheitsprüfung durchzuführen. Mit anderen Worten ist eingehend abzuklären, ob die jeweilige Finanzdienstleistung bzw. das jeweilige Finanzprodukt für den Kunden angemessen und geeignet ist. Es ist daher von Bedeutung, sich über die Kenntnisse und Erfahrungen sowie die finanziellen Verhältnisse und Anlageziele (insb. Zeithorizont, Zweck und Risikobereitschaft) des Kunden zu erkundigen.
Im Zuge der Angemessenheitsprüfung ist zu eruieren, ob der Kunde das angebotene Finanzprodukt bzw. die gewählte Anlagestrategie und Asset-Allokation sowie die damit verbundenen Risiken versteht (Risikoverständnis). Umgekehrt zielt die Eignungsprüfung darauf ab, ob die gewählte Anlagestrategie und Asset-Allokation bzw. das einzelne Produkt für den Kunden in Anbetracht seiner Bedürfnisse und finanziellen Verhältnisse überhaupt geeignet ist (Risikotragfähigkeit).

Dieser Anlegerschutz ist besonders bedeutsam, da er erstmals auf Gesetzesstufe normiert wurden und dadurch für den Kun-den im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung nur geeignete Anlagen getätigt werden dürfen.
Darüber hinaus unterscheidet das Gesetz neu zwischen einer transaktions- und einer portfoliobezogenen Anlageberatung, wodurch bei ersteren lediglich eine Angemessenheitsprüfung (Risikoverständnis) vorzunehmen ist. Die Pflicht zur Eignungsprüfung besteht hier grundsätzlich nicht, respektive ist die Überprüfung der finanziellen Verhältnisse des Kunden bei einer transaktionsbezogenen Beratung obsolet.

Ist der Finanzintermediär trotz alledem der Auffassung, dass ein Finanzinstrument nicht angemessen oder geeignet ist für den Kunden, so hat er diesen grundsätzlich vor Erbringung der Dienstleistung davon abzuraten (Art. 14 Abs. 2 FIDLEG).

Bei professionellen Kunden ist ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Eignungsprüfung notwendig, lediglich eine einge-schränkte Eignungsprüfung, im Hinblick auf die Anlageziele, soll zur Anwendung kommen. (Art. 13 Abs. 3 FIDLEG).
Diese beiden Prüfungen finden grundsätzlich auf Executon-Only Geschäfte (Art. 13 Abs. 1 FIDLEG) oder generell auf «Institutionelle Kunden» keine Anwendung.

Dokumentations- und Rechenschaftspflichten (Art. 15 f. FIDLEG)

Diese Pflichten erfolgen auf Anfrage des Kunden und dürfen in standardisierter Form erfolgen, sofern sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Der Finanzdienstleister hat innert kürzester Frist Rechenschaft über die erbrachten Dienstleistungen abzulegen.

Transparenz- und Sorgfaltspflicht (Art. 17 ff. FIDLEG)

Im Zuge der im Gesetz statuierten Prinzipien von Treu und Glauben sowie der Gleichbehandlung bei der Abwicklung von Kundenaufträgen hat der Finanzintermediär sicherzustellen, dass sämtliche Kundenaufträge im bestmöglichen Interesse des Kun-den und unverzüglich erfolgen. Folgerichtig hat der Finanzintermediär Kriterien zur Auswahl des besten Ausführungsplatzes für einen Kundenauftrag festzuhalten, welche etwa die Kosten, die Schnelligkeit oder Wahrscheinlichkeit der Ausführung und die Abwicklung berücksichtigt («Best Exekution»).

Interessenkonflikt (Art. 25 FIDLEG)

Finanzdienstleister sind angehalten, angemessene organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte, die bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen entstehen können, zu vermeiden oder die Benachteiligung der Kunden durch Interessenkonflikte auszuschliessen oder andernfalls offenzulegen.

Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere Kundenberater gerne zur Verfügung.

Oktober 2022

CORUM